Wie Katzenstreichler scheuen Samtpfoten helfen

Damit sich scheue Fundkatzen in Schmusetiger verwandeln, kommen Katzenstreichler ins Türkheimer Tierheim. Sie lesen vor, reden und streicheln.


26. Januar 2022
Von Claudia Burst

Ines Graf (rechts) und Conny Weckerle helfen den Samtpfoten im Tierheim Türkheim dabei, Zutrauen zu Menschen zu fassen.                

© Foto: Claudia Burst

Siebzehn der momentan etwa 30 Katzen beim Tierschutzverein Geislingen und Umgebung leben gemeinsam in einem großen Raum. Allerdings sind auf den ersten Blick nur etwa fünf von ihnen zu sehen. Weitere befinden sich im Freigehege, das sie über eine Katzenklappe erreichen. Die anderen haben sich versteckt. Sie sind ängstlich und kauern hinter Handtüchern, die extra zu diesem Zweck über die Katzenbäume gehängt wurden. „Es sind wilde Fundkatzen, die sich erst langsam an Menschen gewöhnen müssen“, erklärt Heike Lütkemeier, die stellvertretende Tierheimleiterin.

Aus diesem Grund ist Lütkemeier froh über die fünf ehrenamtlichen Katzenstreichlerinnen, die regelmäßig oder immer wieder ins Tierheim nach Türkheim kommen und Zeit mit den Vierbeinern verbringen. „Davon bräuchten wir noch mehr, nicht nur für die Kätzchen, sondern auch für vier Kaninchen, die wir seit Kurzem haben.“

Tiere werden nach und nach zutraulich

Eine der treuen Katzenstreichlerinnen ist Conny Weckerle aus Geislingen. Seit drei Jahren hilft sie im Tierheim beim Füttern der Tiere und Saubermachen derer Räumlichkeiten – und sie kommt regelmäßig, um die Katzen zu streicheln, zu kraulen, mit ihnen zu reden und dabei speziell auf die Schüchternen einzugehen.

Dazu hebt die 50-Jährige den „Vorhang“ vor den Katzen und redet leise auf sie ein. Mit bunten Federn an einer Mini-Angel regt sie deren Neugier an oder versucht, sie mit ihrem Handy zu fotografieren, was die Kätzchen ebenfalls näher lockt. „Mich entspannt das total. Ich finde es so schön, wenn schüchterne Katzen nach und nach zutraulich werden“, erzählt sie.

„Ausgleich für Stress“

Bonnie, zum Beispiel, eine Katze mit rotem Fell, wurde im vergangenen Sommer mit ihren vier Jungen ins Tierheim gebracht. Wie Heike Lütkemeier berichtet, war sie ausgesprochen ängstlich. Aber als Conny Weckerle auf dem Fußboden sitzt und sie herlockt, liegt die Katzendame innerhalb von Minuten auf dem Rücken und lässt sich den Bauch kraulen. Ihr Schnurren zeigt, dass sie diese Zuwendung intensiv genießt. „Manchmal sitze ich auf dem Boden und les“ den Katzen aus einem Buch vor, das ich eh gerade lese“, sagt die Katzenstreichlerin. Die Neugierigen kämen dann ganz schnell und die anderen könnten sich auch nicht lange zurückhalten. „Vor allem bei den kleinen Kätzchen funktioniert das gut“, ergänzt die 50-Jährige lachend.

Es gibt aber auch Katzen, die sich trotz guten Zuredens und viel Liebe nicht sozialisieren lassen, weiß Heike Lütkemeier aus Erfahrung. „Für die suchen wir Pferdeställe oder Bauernhöfe, wo sie gefüttert werden, aber ansonsten ihre Freiheit haben.“

An diesem Sonntagnachmittag sind außer Conny Weckerle noch zwei weitere Katzenstreichlerinnen im Türkheimer Tierheim, Ines Graf und Alica Schwendele. Letztere ist das erste Mal dabei, Ines Graf zum zweiten Mal. „Als ich vor einiger Zeit gelesen habe, dass hier ‚kraulende Hände’ gesucht sind, habe ich mir das als guten Vorsatz fürs neue Jahr vorgenommen“, berichtet Ines Graf von ihrer Motivation. Sie und ihr Mann seien beide voll berufstätig, deshalb kämen eigene Tiere „leider“ nicht infrage. „Auf diese Weise kann ich mein Bedürfnis nach Tieren befriedigen und es ist gleichzeitig eine Unterstützung für den Tierschutz.“ Außerdem, ergänzt die 47-Jährige, sei diese Auszeit mit den Katzen ein „wunderbarer Ausgleich für den Stress der Woche“.

Alica Schwendele ist vollkommen entzückt von der entspannten Atmosphäre und den zufriedenen Schmusetigern im Katzenzimmer. „Mir tut’s in der Seele gut, ich lieb’ Tiere einfach“, sagt sie und findet es auch schön, dass sie die Zuneigung, die sie den Tieren gibt, gleich wieder zurückbekommt.

Quelle: https://www.swp.de/lokales/geislingen/tierheim-geislingen-tuerkheim-wie-katzenstreichler-scheuen-samtpfoten-helfen-62278619.html